In seinem Urteil vom 16.01.2024 - 9 Sa 575/23 entschied das LAG Niedersachsen folgendes:
1. Eine Entgeltanrechnung gem. § 108 Abs.1 S.1 GewO kann auch in Textform nach § 126b BGB erteilt werden.
2. Eine in Textform erteilte Entgeltabrechnung geht dem Arbeitnehmer aber nur dann im digitalen Mitarbeiterpostfach im Sinne von § 130 BGB zu, wenn er hierzu sein Einverständnis gegeben hat. Andernfalls muss er nicht damit rechnen, dass ihm Entgeltabrechnungen auf digitalem Weg übermittelt werden.
3. Die fehlende Einwilligung kann mangels Mitbestimmungsrecht nicht durch eine (Konzern-)Betriebsvereinbarung ersetzt werden.
Zum Sachverhalt:
In dem Unternehmen wurden aufgrund einer Konzernbetriebsvereinbarung digitale Mitarbeiterpostfächer eingerichtet auf der dann die Lohnabrechnung gespeichert wurden. Die Mitarbeiterin widersprach dem und forderte den Arbeitgeber, die Abrechnung schriftlich zu zustellen.
Der Arbeitgeber durfte sich nach Ansicht des LAG nicht über das nein der Mitarbeiterin zur Nutzung des digitalen Mitarbeiterpostfachs hinwegsetzen. Auch die Konzernbetriebsvereinabrung war keine Rechtsgrundlage für eine digitale Zustellung der Lohnabrechnungen. Die Bereitstellung der digitaler Abrechnungen war laut Gericht nicht ausreichend, um die Pflicht des Arbeitgebers nach § 108 Abs.1 Gewerbeordnung zu erfüllen, die Lohnabrechnungen zu erteilen. Das LAG Niedersachsen beruft sich hier eine Entscheidung des LAG Hamm vom September 2021 (Urteil vom 23.09.2021, 2 Sa 179/21).
Die Revision wurde zugelassen. Der Fall liegt mittlerweile beim BAG (1 AZR 48/24).